Schon vor der Geburt steht fest, ob ein Kind die Anlage zum Links- oder Rechtshänder mit auf die Welt bringt. Wichtig ist es für Sie als Eltern, von Anfang an beide Varianten in Betracht zu ziehen. Wenn Vater und Mutter mit rechts schreiben, wird
Linkshändigkeit oft als Möglichkeit ausgeschlossen. Da in Österreich bis vor 40 Jahren Essen und Schreiben mit der
linken Hand als inakzeptabel galten und alle
Linkshänder_innen umerzogen wurden, lässt sich nie mit Sicherheit ausschließen, dass es in der Eltern- oder Großelterngeneration „
versteckte Linkshänder_innen" gibt, von denen Ihr Kind eine
linkshändige Begabung geerbt haben könnte. Es gibt tatsächlich weit mehr linkshändige Menschen, als jene 10-15 %, die den Stift mit links halten. Viele Wissenschaftler gehen mittlerweile von 30%, manche sogar von einer Gleichverteilung von Rechts- und Linkshänder_innen aus.
Es ist nicht wesentlich, ob ihr Kind Linkshänder_in oder Rechtshänder_in ist, wohl aber ist es bedeutend für die Entfaltung seiner Potentiale, dass es die angeborene Händigkeit lebt.
Die
Vorzugshand eines Kindes ist oft bereits rund um den
1. Geburtstag deutlich zu erkennen. Beobachten Sie das Kind vor allem in ungestörten Spielsituationen und nehmen Sie wahr, mit welcher Hand es vermehrt nach Gegenständen greift und welche Hand für feine Tätigkeiten zum Einsatz kommt. Wenn Sie die Entwicklung ihres Kindes schriftlich festhalten, machen Sie sich auch dazu Notizen. Hier finden Sie
Bilder und Erklärungen, zum Beobachten der Vorzugshand im Kleinkindalter.
Folgende Hinweise helfen ihrem Kind, unbeeinflusst seine Führungshand zu entwickeln:
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Reichen Sie ihrem Kind alle Gegenstände zur Körpermitte und ermöglichen sie ihm damit eine freie Wahl der Hand.
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Legen Sie das Besteck mittig in das Teller, sodass es auch hier selbst entscheiden und zwanglos experimentieren kann.
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Lassen Sie das Kind selbst bestimmen, welche Hand es bei einer Tätigkeit einsetzen möchte.
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Wenn Sie mit dem Kind Handlungsabläufe trainieren, bieten sie ihm beide Varianten an: zum Beispiel beim Brot Streichen, Ball Spielen, auf und zu Sperren, …. Geben Sie dem Kind die Chance, so lange zwischen beiden Varianten zu wählen, bis es sich sicher ist, mit welcher Hand es die Tätigkeit besser ausführen kann.
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Akzeptieren Sie unkommentiert sowohl die rechte, als auch die linke Hand zum Gruß und verlangen Sie dies auch von den anderen Bezugspersonen ihres Kindes. Die Ablehnung der linken Hand beim Gruß kann als generelle Ablehnung dieser Hand missverstanden werden.
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Legen Sie das Besteck mittig in das Teller, sodass es auch hier selbst entscheiden und zwanglos experimentieren kann.
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Schützen Sie ihr Kind vor den gut gemeinten Versuchen anderer Bezugspersonen, die bewusst oder unbewusst den Gebrauch der rechten Hand forcieren.
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Achten Sie beim Kauf von kindgerechten Gebrauchsgegenständen auf händigkeitsneutrale Produkte!
Manche Kinder brauchen etwas länger bis sich die Führungshand zeigt. Sie agieren länger mit beiden Händen.
Es ist besonders wichtig, dass Sie in diesem Punkt Geduld bewahren und ihrem Kind die Entwicklung zum Rechts- oder Linkshänder so lange offen lassen, bis für Sie die Vorzugshand deutlich erkennbar ist. (Siehe dazu „Beidhändige Kinder" weiter unten)
Sagen und zeigen Sie ihrem Kind deutlich, dass es als Linkshänder oder Rechtshänder gleichermaßen erwünscht ist.
Immer noch werden aus linkshändig begabten Kindern durch Nachahmung, Anpassung und Beeinflussung im Laufe der ersten Lebensjahre sogenannte „
Pseudorechtshänder_innen". Diese Veränderung des Handgebrauchs hat oft gravierende Folgen für die weitere Entwicklung. Mehr dazu
lesen Sie hier …
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„Linkshänder oder Rechtshänder von Anfang an".
„Beidhändige" Kinder
Manche Kinder leben mit einem unklaren, instabilen bis wechselnden Handgebrauch. Diese Erscheinung nannte man früher „Beidhändigkeit". Dieser Begriff ist irreführend, denn auch diese Kinder haben eine dominante Hand, die sich nicht eindeutig zeigt, weil eine leichte angeborene oder erworbene Störung besteht. Dies kann u.a. Folgendes sein: eine leichte Hemipharese, Plexusparese, Restreaktionen (persistierende Reflexe), die Verletzung einer Hand, Entwicklungsverzögerung sowie Tonusprobleme oder Schwierigkeiten im Bereich der sensorischen Tiefenwahrnehmung.
Im Zweifelsfall ist es ratsam, im Alter von ca. 4-5 Jahren eine
Linkshänderberater_in nach der
Methodik Dr. J. B. Sattler oder andere auf Händigkeit spezialisierte Fachleute zu Rate zu ziehen. Spätestens im letzten Kindergartenjahr sollte die Schreibhand feststehen bzw. gefunden werden, damit sie bis zum Schuleintritt entsprechend trainiert werden kann.
Manchmal bezeichnen sich auch umgeschulte Linkshänder als
Beidhänder. Meist führen sie bestimmte Tätigkeiten wie z.B. das Schreiben und Essen nicht mit beiden Händen abwechselnd durch, sondern machen viel links, sind aber für bestimmte Kulturtechniken wie z.B. das Schreiben und Essen umgeschult und machen dies ausschließlich rechts. Aufgrund dessen passen sie in keine der beiden Händigkeitsgruppen. Um auch eine Zugehörigkeit zu haben, nennen sie sich Beidhänder.
Text und Bilder: Mag
a Andrea Hayek-Schwarz - 2013
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